Paul-auf-dem-Gipfel
(aw) Am Sonntagmorgen um 8 Uhr herrschte reger Andrang an der Talstation der Nebelhornbahn in Oberstdorf. Besucher aus aller Welt wollten bei strahlend blauem Himmel den legendären Gipfel des Nebelhorns auf 2235 Metern Höhe erleben. Wanderer nahmen den Aufstieg zwischen drei (für Ambitionierte) und fünf Stunden in Angriff, während viele Gäste mit der Seilbahn bis zur Bergstation Höfatsblick (1932 Meter) fuhren und von dort die letzten 300 Höhenmeter zu Fuß bewältigten.
An diesem Tag fand jedoch ein ganz besonderes Spektakel statt: Über 600 Läufer traten beim als „Deutschlands härtester Berglauf“ bekannten Rennen an, das zugleich die Deutschen Berglaufmeisterschaften ausrichtete. Mit 9,7 Kilometern Länge und 1420 Höhenmetern bei durchschnittlich 15% Steigung war es eine wahre Tortur. Favorit Lukas Ehrle aus dem Schwarzwald wollte den Streckenrekord von 1:02:02 knacken. Bei Temperaturen um 32 Grad war es ein echter Härtetest.
Unter den Startern war auch der 19-jährige Paul Mittnacht aus Schwäbisch Hall (WGL Schwäbisch Hall/PostSG), der bei seinem Debüt in einem echten Vertical Race von Beginn an Respekt vor der Herausforderung zeigte. Trotz intensiver Trainingsläufe, darunter mehrfache Aufstiege des steilen „Bides“ bei Untersteinbach mit bis zu 22% Steigung, konnte ihn nichts wirklich auf die gnadenlosen Rampen des Nebelhorns vorbereiten.
Paul lief kontrolliert bis zur Seealpe (1280 m), spürte dann aber im brutalen Abschnitt bis zum Höfatsblick (mit bis zu 37 % Steigung) seine Waden, die unter der Dauerbelastung immer wieder zumachten, hielt aber mit einer konstanten Herzfrequenz von etwa 190 durch. Eine zusätzliche Herausforderung: Die Läufer mussten mitten durch eine Kuhherde, die den Weg blockierte. Auf dem letzten steinigen Abschnitt mit 30 % Steigung biss er sich durch, lief an Gleitschirmfliegern vorbei und erreichte erschöpft das Ziel: Platz 43 in 1:12:48, Rang vier in der U23-Klasse – knapp an den Medaillenrängen vorbei. Mit zwei weiteren Jahren in dieser Altersklasse wird Paul wertvolle Erfahrungen sammeln und im kommenden Jahr sicher noch stärker sein. An der Spitze pulverisierte Lukas Ehrle den Streckenrekord in einer phänomenalen Zeit von 59:31 – fast drei Minuten vor dem Zweitplatzierten. Beim Anblick des himmelragenden Gipfels ist es kaum vorstellbar, wie man dort so schnell hinauflaufen kann.